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Valentinstag und „50 Shades of Grey“: Handschellen statt Blumen

Kommerziell perfekt inszeniert startet „50 Shades of Grey“ auf den Valentinstag in unseren Kinos. Die Bücher wurden millionenfach verkauft und nun berichten alle Zeitungen ausführlich über den Film und BDSM-Sex. Die Autorin scheint einen Nerv der Zeit getroffen zu haben. In diesem Jahr schenken sich am Valentinstag möglicherweise viele Paare Handschellen und Peitschen anstatt Blumen.

Der Valentinstag und „50 Shades of Grey“ haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Beim Valentinstag geht es der Überlieferung nach um den Bischof Valentin von Terni, der im 3. Jahrhundert von ihm getrauten Paaren Blumen aus seinem Garten schenkte. Hier werden Romantik und zärtliche Liebe zelebriert. Bei den Büchern geht es um einen reichen Adonis und eine unscheinbare Frau, welche in ein Abhängigkeitsverhältnis kommen. Hier werden Verlangen und harter Sex zelebriert. Dass diese Bücher so erfolgreich waren, hat wohl weniger mit expliziter Beschreibung von Sexpraktiken zu tun. Das gab es schon besser. Sondern die Autorin beschreibt Grundsehnsüchte der Annahme und Erfüllung. Und da trifft sie sich wieder mit dem heiligen Valentin.

Sehnsucht nach Annahme

Der Mann ist stark und reich. Die Frau gewöhnlich und unscheinbar. Sie finden sich. Sie lieben sich. So einfach funktionieren Aschenputtel, Pretty Woman oder in der Steigerung nun „50 Shades of Grey“. Märchenhafte Liebe.

Die Frage bleibt: Wer macht mich glücklich? Christinnen und Christen in der Schweiz glauben wie viele andere an eine tiefe Liebe, die gerade auch in Paarbeziehungen sichtbar werden kann. Dazu gehören gegenseitiges Vertrauen, Respekt, Ehrlichkeit (auch mit sich selber), Leidenschaft, Lernbereitschaft und nicht zuletzt auch ein Stück Humor. Die Grundlage der gegenseitigen Annahme wird ihnen von Gott geschenkt, der sagt: „Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.“ (die Bibel in Jeremia 31, 3). Aus dieser Identität heraus gelingt es besser, sich nicht in erster Linie eine Partnerschaft zu suchen, weil man sich selber und seine Wünsche befriedigen, sondern weil man glücklich gemacht und glücklich machen will.

Sehnsucht nach erfüllender Sexualität

Sex ist ein Geschenk Gottes und wurde von ihm geschaffen. Daher darf er kreativ, fröhlich und leidenschaftlich sein. Die Bibel spricht davon, dass die Partner beim Sex „eins werden“. Mit Leib und Seele. Daher ist Sex viel mehr als ein Konsumartikel, welcher der eigenen Triebbefriedigung dient. „50 Shades of Grey“ oder Pornografie verharmlosen die Tatsache, dass Sex als Gewaltmittel und Erniedrigung missbraucht werden kann. Wirklich erfüllend wird Sexualität dann, wenn sie im Schutz des gegenseitigen Vertrauens und der Verbindlichkeit genossen wird. So kann man sich fallen lassen, weil man geliebt wird und nicht, damit man geliebt wird.

Den Valentinstag geniessen

Damit Annahme und erfüllende Sexualität der Paare nicht in unrealistischen Wünschen und Enttäuschungen steckenbleiben, braucht es immer wieder Mut und den Willen, die Beziehung zu überdenken und sich neu inspirieren zu lassen. Gerade der Valentinstag ist eine gute Gelegenheit für echte Liebeserfahrungen, welche Freude bringen und gegenseitig glücklich machen. Die „MarriageWeek“, die in der Schweiz seit einigen Jahren zunehmend Beachtung gewinnt, will eine solche Inspirations- und Ermutigungsquelle sein (www.marriageweek.ch).

Handschellen oder Blumen? Die Schweizerische Evangelische Allianz SEA empfiehlt Blumen und wünscht Paaren, dass sie sich fest miteinander verbunden wissen, ohne sich in Handschellen legen zu müssen.

 

(c) copyright Foto: Niklaus Mosimann

Begleiteter Ausstieg aus Pornografie und Sexsucht

Die Beratungsstelle KommCare Basel berichtet, dass sie im 2014 rund 40 Männer, die mit Pornografie oder Sexsucht kämpften, begleitet hat und unzählige weitere in einzelnen Beratungsprozessen.

„Betroffene sind unter ihrer Scham oftmals jahrelang wie gelähmt, sich Hilfe zu suchen. Der Schritt zum Gespräch oder gar in die Gruppe ist ein grosser“, sagt Benjamin Schaffner von der Beratungsstelle KommCare. „Der Prozess jedoch ein sehr heilsamer, weil jeder Teilnehmer erfahren darf, dass er nicht alleine ist und es einen Ausweg aus den ständigen Suchtkreisläufen und den Abstürzen geben kann.“ Dies erfolge allerdings in der Regel nicht alleine. Die Haltung, „Ich schaffe das alleine, ich brauch keine Hilfe …“, seien (Abwehr-) Sätze die zum Süchtigen gehörten, wie seine ständig sich wiederholenden Rituale, sein Lügennetz, sein Abstumpfen. Berliner Wissenschaftler hätten festgestellt, dass häufiger Pornokonsum das Gehirn schrumpfen lasse. Man vermute, dass regelmässiger Pornokonsum das Belohnungssystem (Striatum/Hirnregion, die zum Belohnungssystem gehört) ausleiere, so dass immer stärkere Reize benötigt würden, um Befriedigung zu erreichen.

Allein in der USA würden pro Jahr zehn Milliarden Dollar für Pornografie ausgegeben, berichtet KommCare. 11‘000 neue Pornofilme würden jährlich produziert. Frauen seien in diesen Filmen keine Menschen, sondern nichts als drei Löcher und zwei Hände. Dass Pornografie Gewalt ist, unterstrichen beispielsweise Artikel aus „Emma“ („Die Wahrheit – im Zentrum steht der Schmerz“) oder Alice Schwarzer in ihrem Buch „Prostitution, ein deutscher Skandal“. Pornografie und Menschenhandel gingen Hand in Hand.

„Pornosucht wird zum Problem für Junge“

Betroffen seien nicht nur Erwachsene: Das Durchschnittsalter, in dem Kinder erstmals Pornos sehen, sei inzwischen auf elf Jahre gesunken. Am 31. März 2014 berichtete „20min.ch“: „Pornosucht wird zum Problem für Junge“. Schweizer Sexualtherapeuten schlügen Alarm. Die Zahl der jungen Erwachsenen, die pornosüchtig seien, steige rasch an. Sexologin Marie-Helene Stauffacher stellte fest, dass sich immer mehr unter 25-Jährige deswegen bei ihr behandeln liessen. „Gerade junge Männer sehen in Pornos einen direkten Weg zur Befriedigung“, sagte sie in der Zeitung „Le Matin“. Die Folge: „Sex mit einer Partnerin scheint plötzlich kompliziert zu sein.“ Die Jungen befürchteten, zu wenig Ausdauer zu haben und die Mädchen, den Vorstellungen ihrer Partner nicht gerecht zu werden. Dr. C. Bessler, Chefärztin Kinder- und Jugendforensik, Zürich, meinte zu übermässigem Pornokonsum im Teenageralter: „Es kommt bei Jugendlichen zu Fehlannahmen, was einer Frau gefällt und was nicht.“ Zudem seien diese Jugendlichen dann nicht mehr empfänglich für zarte Flirts, es müsse immer gleich zum Geschlechtsverkehr kommen.“ Am 21. November 2014 gab „Dr. Sex“ einem Pornosüchtigen in „20 Minuten“ den Rat: „Wie du schreibst, hast du bereits mehrmals erfolglos versucht, dein Verhalten zu ändern. Es scheint mir daher wenig sinnvoll, es ein weiteres Mal auf eigene Faust zu probieren. Suche dir stattdessen eine Fachperson, die dich im anstehenden Veränderungsprozess begleitet. Sich einem fremden Menschen gegenüber zu outen ist zwar möglicherweise beschämend, gleichzeitig aber auch ein erster Schritt zur Bewältigung des Leidens …“

Begleitetes 20-wöchiges Ausstiegsprogramm

Die Erfahrungen von KommCare würden diese Medienberichte bestätigen, sagt Schaffner. Darum würden auch im Jahr 2015 wieder zwei neue Gruppen in Basel starten mit Teilnehmern aus dem Dreiländereck. Es gehe im begleiteten 20-wöchigen Programm (mit Anschlussmöglichkeiten) um Pornographie-Abhängigkeit, Sex- und Internetsucht. Während dieser Zeit würden Betroffene lernen, den sich ständig wiederholenden Suchtkreislauf zu entlarven und geeignete Massnahmen zu treffen, um diesen zu unterbrechen. „Wir arbeiten in dieser Phase vor allem auf der verhaltenstherapeutischen Ebene. Der Teilnehmer lernt jedoch auch einige der Themen kennen, die üblicherweise einem Suchtverhalten zugrunde liegen.“ Einige würden während oder nach der Gruppe weitere Angebote wie Seelsorge, andere Gruppenprogramme oder auch psychische Fachhilfe, Eheberatung usw. beanspruchen. „Fast übereinstimmend sagen uns Betroffene, dass sie die Gruppe als sicheren Ort und Oase erleben würden, an dem sie über dieses belastende Thema austauschen können und Hilfe, Unterstützung und Coaching erhalten.“

Liberty4You

Das Programm heisst „Liberty4You“ und unter der Plattform www.liberty4you.ch finden Betroffene viele Informationen rund um das Thema. „Freiheit für dich“ drücke einen Wunsch und eine Hoffnung für die Betroffenen aus, sagt Schaffner. Viele hätten bereits einen langen Weg hinter sich, bis sie für sich Hilfe in Anspruch nehmen würden. „Meist sind noch sehr viele Fragen offen, wie z. B. ‚Bin ich wirklich süchtig?’, ‚Gibt es Sexsucht überhaupt oder ist das für Männer nicht normal?’, ‚Wie sieht denn eine mögliche Hilfe aus?’, ‚Wie kann ich frei werden und frei bleiben?’, ‚Wie können Angehörige damit umgehen (Co-Sucht)?’ usw.“ Liberty4you ist eine angeleitete Selbsthilfegruppe und besteht seit 2006. Die Selbsthilfegruppe basiere auf dem biblischen Menschenbild, sagt Schaffner, sei aber an keine bestimmten Kirche oder Glaubensrichtung angeschlossen. „Liberty4You ist eine Arbeit, die Sex- und Pornosüchtige in die Freiheit begleiten will. Liberty4You will aber auch Infoportal sein, nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für Angehörige, Seelsorger und Therapeuten.“

Ein ehemaliger Teilnehmer in der Selbsthilfegruppe gibt zu Protokoll: „Durch Liberty4You habe ich überhaupt erst richtig erkannt, dass ich sexsüchtig bin. Früher habe ich immer gedacht, ich wäre der einzige Mensch mit solchen Problemen und bin mit meiner Scham alleine geblieben. Und so habe ich inzwischen den Mut gefunden, über meine Sucht zu reden – auch mit Männern aus der Gruppe, u. a. an den Abenden während der Gruppe – und die Hintergründe verstehen, respektieren aber auch hinter mich lassen zu lernen. Stück für Stück kann ich aufarbeiten, was mich in die Sucht geführt hat, und finde im Prozess mit anderen Betroffenen Lösungsmöglichkeiten, wieder frei und heil zu werden. Das passiert nicht von jetzt auf gleich, aber die kleinen wöchentlichen Fortschritte geben mir Kraft und Mut am Prozess dranzubleiben und auch andere zu ermutigen sich ihrer Problematik zu stellen. Ich freue mich auf die weiteren Schritte im Prozess und kann Liberty4You allen Betroffenen nur sehr ans Herz legen.“